RIVA holt Männer aus Mekka zurück

Sichtlich erleichtert, aber erschöpft, steigen die Männer aus dem Flugzeug. Sie kommen direkt aus Jeddah, eine Autostunde von Mekka entfernt. Dort arbeiten die Fachkräfte, doch seit Ende März ruht die Mega-Baustelle. Kronprinz Mohammed bin Salman, der mit MbS angesprochen werden möchte, hat einen Baustopp angeordnet - der seitdem andauert. Grund ist ein Corona infizierten Ingenieur auf der Baustelle. In einer aufreibenden Aktion holt die Backnanger Firma RIVA GmbH Engineering nun ein Dutzend Kollegen aus Saudi-Arabien nach Baden-Württemberg zurück.  

RIVA-Mitarbeiter landen glücklich in Schwäbisch Hall.

Ein letztes Selfie vor dem Abflug: Die RIVA-Kollegen auf dem Flugplatz in Jeddah.

Einer der Männer ist RIVA-Projektleiter Khaled Khaled. Er ist dafür zuständig, dass bis zu 350 Monteure in und um die Heilige Moschee kilometerlange Balustraden, aufwändige Hightech-Fassaden und 30 Meter hohe Glas-Tore montieren, die in Backnang gefertigt wurden. Der Ärger ist dem gebürtigen Hamburger und Ingenieur noch ins Gesicht gemeißelt. Denn eigentlich hätten er und die Kollegen längst mit einem Lufthansa-Flieger zurückkehren sollen. So wie aktuell viele Deutsche, die Aufgrund der Corona-Pandemie im Ausland festsitzen.  

RIVA holt Mitarbeiter auf eigene Faust zurück

Doch was als größte Rückholaktion in der Geschichte der Bundesrepublik tituliert wird, gelingt in vielen Einzelfällen nicht. Noch immer sitzen Tausende seit Wochen im Ausland fest. Statt in eine Boeing zu steigen, die von Lufthansa zur Verfügung gestellt wird, muss RIVA-Chef Hermann Püttmer eine Privatmaschine chartern, um Mitarbeiter auf eigene Faust und Kosten zurück zu holen. Die auch nicht wie üblich am Stuttgarter Flughafen landet – denn der ist für 17 Tage außer Betrieb. Hintergrund ist neben der Covid-19 Pandemie, eine Sanierung der Start- und Landebahn. Vielmehr steuern die Piloten den viel kleineren Adolf-Würth-Airport in Schwäbisch Hall an, der derzeit ebenso auf Corona-Notbetrieb läuft.

Was Khaled allerdings ärgert, ist der Kommunikationsaufwand, den er und seine Leute hinter sich haben. Um aus Mekka mit dem Bus ausreisen und dann per Flugzeug nach Deutschland zu kommen, brauchen die Männer eine Sondererlaubnis der örtlichen Polizei, die es gestattet, trotz Ausgangssperre nach Jeddah zu gelangen. Allerdings stellt die Polizei diese erst aus, wenn das RIVA-Team eine Flugbestätigung vorlegen kann. Nachdem die saudischen Behörden diese Bestätigung ablehnen, musste die Flugfirma eine “Diplomatic Clearance” von der deutschen Botschaft einholen. Zudem hat wohl der Gouverneur für die Region Mekka, Prinz Khalid bin Faisal Al Saud, seine Zustimmung für den Transfer gegeben.

Verhandeln mit Behörden und Botschaft

Das alles dauert Zeit. Der geplante Rückflug am Donnerstag (11. April) wird abgesagt und die deutsche Botschaft teilte mit, dass es wahrscheinlich erst Ende nächster Woche eine neue Landeerlaubnis gibt. Erschwerend kommt hinzu: sechs Visa der RIVA-Mitarbeiter sind abgelaufen und müssen verlängert werden. „Wir hatten die Information, dass sich die Visa automatsch bis zum Monatsende verlängern“, erklärt Khaled – ein Irrtum, wie sich herausstellt.  

Also nutzen er und ein saudischer Arbeitskollege die Zeit, um die Visa am Sonntag zu verlängern. Wieder wollen die Passbehörde eine Flugbestätigung sehen. Erst als Khaled eine voraussichtliche Flugbuchung für den 14. April vorlegen kann, klärt sich die Lage. „Mit diesem Schreiben und der überzeugenden Art meines Kollegen, wurden uns sonntags die sechs Visa verlängert“, so Khaled.  

Nach mehrmaligem hin und her sowie etlichen Telefonaten ist zudem klar, dass er und seine elf Kollegen nicht nach Riad fahren, um die 1200 Euro teuren Economy-Plätze in der Lufthansa-Maschine zu belegen. „Zum einen hatten wir keine Platzgarantie, zum anderen ist die 900 Kilometer lange Fahrt von Mekka nach Riad eine Tortur“, verdeutlicht Khaled. Überdies will die deutsche Botschaft die Rückholung nicht verbindlich zusagen. Nach Rücksprache mit Chef Püttmer greift der ins (Firmen-)Portmonee und bezahlt den Flug mit einem Privatjet aus eigener Tasche. Das lohnt sich, weil die Baustelle voraussichtlich noch länger als zwei Wochen stillsteht.  

Es geht auch anders

Ganz anders gelingt übrigens die Rückholaktion für türkische Monteure, die für RIVA arbeiten. In vier Bussen werden 70 Mitarbeiter nach Jeddah, 80 weitere ins 400 Kilometer entfernte Medina gefahren und von Turkish Airlines nach Hause geholt. Und auch die bosnischen Kollegen, die für RIVA arbeiten, stünden in engem Kontakt mit örtlichen Behörden und der Botschaft, um die Arbeiter in die Heimat zu holen, berichtet Khaled.

Seit knapp einer Woche ist es nun geschafft. Die RIVA-Mitarbeiter sind zurück bei ihren Familien, die sie teils monatelang nicht sehen. Und die Freude ist groß, trotz Corona. Sobald die Pandemie überstanden ist, geht es für sie zurück nach Mekka. Das Milliarden-Projekt will weitergebaut werden – mit Know-how aus Backnang.

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